Ein besonderer Gast: Niklas Frank am Karl-Friedrich-Gymnasium Mannheim
Am Freitag, den 10.05.2024, begrüßten wir Niklas Frank am KFG, der in der Aula Ausschnitte aus seinen beiden Büchern „Der Vater. Eine Abrechnung“ (1987) und „Meine deutsche Mutter“ (2005) vorlas und im Anschluss den interessierten Schülern und Schülerinnen der Oberstufe Fragen beantwortete.
Im Rahmen eines Unterrichtsprojekts zur „Schulvereinbarung“, die insbesondere das respektvolle Miteinander am KFG in den Mittelpunkt stellt, hatte sich ein Schüler dafür stark gemacht, den früheren Journalisten und Buchautor an die Schule einzuladen.
Seit vielen Jahren setzt sich Niklas Frank, Jahrgang 1939, mit seiner Familiengeschichte, vor allem aber mit seinem Vater, dem NS-Politiker Hans Frank, der sechs Jahre Generalgouverneur im besetzten Polen war, kritisch auseinander.
Mit drastischen Worten beschrieb Niklas Frank vor dem gebannten Publikum, wie er als kleiner Junge die Hinrichtung seines Vaters, die 1946 im Rahmen der Nürnberger Prozesse erfolgte, erlebte und wie er die Zeit in Polen, die Kindheit auf dem Wawel oder einzelne Begegnungen im Warschauer Ghetto wahrnahm. Deutlich wurde, wie fremd Niklas Frank sich bereits als Kind in der eigenen Familie fühlte, was ihm später, wie er immer wieder betonte, dabei half, eine unüberbrückbare Distanz zum Vater aufzubauen. Zeit seines Lebens verfolgte ihn die Frage, wie aus einem humanistisch gebildeten und durchaus humorvollen Mann der sog. „Schlächter von Polen“ werden konnte, in dessen Machtbereich vier Vernichtungslager lagen.
In der sich anschließenden Diskussion war an jedem einzelnen Beitrag zu spüren, wie sehr die Schüler und Schülerinnen von Niklas Frank, seiner klaren Haltung und seinen differenzierten Aussagen sowohl zu seiner eigenen Familiengeschichte als auch zur Aufarbeitung der NS-Verbrechen in der Bundesrepublik Deutschland beeindruckt waren.
Ein besonderes Anliegen war es Niklas Frank, sein junges Publikum vor Antisemitismus und den Gefahren einer erneuten menschenverachtenden Diktatur zu warnen. Immer wieder appellierte er an seine Zuhörerschaft, die Demokratie und die im Grundgesetz garantierten Freiheiten nicht als selbstverständlich zu erachten, sondern sie fortwährend zu schützen, kritisch und „wütend“ zu sein, sollte die Staatsform der Demokratie in Gefahr geraten. Auch mit kleinen Aktionen könnte man jeden einzelnen Tag viel bewirken.
Viele Schüler und Schülerinnen waren, wie sie am Ende offenbarten, begeistert von dem Besuch des Zeitzeugen am KFG, der ihnen eine andere und ungewohnte Perspektive auf die Zeit der NS-Diktatur und auf die Erinnerungskultur der Bundesrepublik Deutschland aufzuzeigen vermochte.
(M. Urban)
Für weitere Informationen siehe auch den Bericht des SWR vom 11.05.2024:
Lesung: Niklas Frank
Berichterstattung im SWR: